Aus der Vor und Frühgeschichte unserer Heimat

 

 

DerKapellenberghat innerhalb des Vogtlandes von der menschlichen Kulturentwicklung mehr zu sehen bekommen, als so manche andere Höhe unserer heimatlichen Landschaften.Schon zur Eiszeit, also vor rund 100000 Jahren, als die nach Norden geneigten Teile des Elstergebirges im Schmelzwasser der Gletscher und im Schutt der abgelagerten Sand und Kiesmassen ertranken, flüchtete die Tierwelt und mit ihr der Mensch in die nähe dieses Berges. In der jüngeren Steinzeit steigen die Pfahlbauleute zu ihm empor, viertausend Jahre später erscheinen weit von Norden her mit Waffen und Zierat aus schimmernden Bronzemetall die ersten Träger einer höheren Kultur auf seinen Gipfel.

Ein ganz einzigartiges Jagdgebiet muß das Vogtland damals mit seinem Wildreichtum gewesen sein; mit Pfeil und Bogen nahm der Urmensch den Kampf auf gegen die Großtiere, und um in einer Höhle Unterschlupf gegen die Unbilden der Witterung zu finden, mag er manchen Strauß auch gegen die darin befindlichen Höhlenbären und Höhlenlöwen bestanden haben.

Nach dem Abzug des Eises (20000 v. Chr.) waren die täler der Heimat erfüllt von Wasser, stark versumpft, unwirtlich. Südlich vom Kappelenberg bestand um dieße Zeit im Moor von Franzensbad, in der nähe von Salzquellen, eine als Pfahlbau betrachtete Siedlung, deren Altertümer im Franzensbader Museeum, Haus Aeskulap, zu sehen sind.

Eine wesentlich höhere Kultur mit anderen Sitten, Künsten und technischen Erungenschaften kommt mit der Bronzezeit um 1800 (v .Chr.) in unser Land. Man verbrennt die Toten und setzt ihre Asche in schön geformten Urnen bei, so in Fleißen, in Lohmen, in dem erst 1928 endeckten, bronzezeitlichen Urnengrab mit großem Steinkreis von Girmitz bei Franzensbad. Das Klima mag mit heißen Sommer und kalten Winterperioden derart sich gewandelt haben, daß der Wald wahrscheinlich stark sich lichtete, so das der im Krieg vom Grentzschutz untersuchte, große

Viereckwall auf dem Kapellenberg am ehesten in dieser Zeit entstanden sein kann, während nördlich als nächste Station Oelsnitz zu nennen ist. Der inOelsnitz1920 entdeckte Bronze Armring ergänzt unsere Kenntnis über die heimische Bronzezeit in erwünschter Weise; in dieser Art des Schmuckes stimmt das Bild überein mit dem, was wir aus anderen Fundstätten über die Zieraten in der Bronzezeit wissen. Gerade dieser Fund verstärkt den Glauben, daß im Vogtland noch weitere wertvolle Altertumsschätze vorhanden sind. Dass vorliegendeEgerlandwar auch zur Bronzezeit besiedelt; darauf deuten verschiedene Funde, so der schöne Bronzekelch, ein Flachbeil, im Jahre 1872 bei Franzensbad entdeckt, ferner bronzezeitliche Graburnen im Sand bei Lohmen und in einem Keller in Fleißen (Urne mit Deckstein, Asche und Glimmerschuppen enthaltend). Der neueste Fund, das Girmitzer bronzezeitliche Urnengrab mit seinem großen Steinkreis von Granitblöcken führt auf ausgesprochen nordischen Brauch zurück.

In der Hallstattzeit (1000 v. Chr.) setzt sich der indo- germanische Stamm der Kelten von Westen her in Bewegung, wandert den Main aufwärts, breitet sich in Thüringen aus bis an die Salle und bis an den Orlagau bei Pößneck- Ranis, dringt bis an den Harz vorwärts und kommt in Berührung und Kampf mit den Germanen. Infolge der erbitterten Kämpfe die sich in Tühringen abspielten, zogen sich dieKelten, langsam dem Drucke nachgebend, nach Süden zurück. In den viel bewegten Zeiten seit (500 v. Chr.) wo eine Bevölkerung die andere ablöste – Kelten, Markomannen, Hermanduren, Burgunden, Slawen und andere Volkssplitter das Land Streckenweise entleert haben.

Die moderne Klimaforschung führt diese umfassenden Volksbewegungen auf eine bedeutende Klima Verschlechterung zurück, die das vorwärtsdringen des Waldes und eine Verkleinerung der Ackerbaufläche zur Folge hatten. Für unser Gebiet erlangen dieMarkomannenvom Stamm der Sueben erhöte Bedeutung; ihr Herzog Marbod führte sie 8 v. Chr. vom Main her in das heutige Böhmen, er gründete hier ein mächtiges Reich germanischer Stämme und ward vom Cherusker Fürsten Armin 17 v. Chr. Bekriegt, nach dem sich dieser vom römischen Joche befreit hatte.

Die Schlacht blieb unentschieden, und Marbod zog nach dem Bericht des Tacitus seine Scharen von der Saalemündung auf die Berge (des Vogtlandes) zurück nachBöhmen.

In den ersten vier Jahrhunderten unserer Zeitrechnung erlebte unsere Landschaft die Durchzüge verschiedener Völkerschaften. So zogen im 2. Jahrhundert die schwedischen Semnonen über den Frankenwald und über die vogtländischen Pässe nach Süddeutschland; später folgten auf dem selben Wege die Burgunden, die dem Main und dem Rhein zustrebten. Von Jütland wanderten die Heruler und Warnen in die thüringische Tieflandbucht ein und gründeten mit den Hermunduren ein großes Reich, das unter König Bisinius um 500 von der Saalemündung bis zur Donau bei Regensburg reichte; in Weimar mag sei Herrschersitz gewesen sein. Sein Sohn Hermanfried wurde 531 von den Franken angegriffen und besiegt, Thüringen erhielt fränkische Höhe und Militärposten. Östlich der Saale behaupten die Warnen noch eine Zeitlang ihre Selbstständigkeit, sie wurden aber 594 entscheidend geschlagen, ihre Siedlungen zerstört und fast völlig vernichtet. In das entvölkerte, menschenarme Land rückten nun in aller Stille von Osten her die Slawen ein; sie besetzten im 7. und 8. Jahrhundert das Vogtland und drangen über das Fichtelgebirge bis an den Main, bis nach Bamberg und Würzburg vor, ohne daß sie beachtenswerte Kulturreste hinterlassen hätten. Die Slawen bewohnten im Vogtland das ebene, waldfreie Land, die sog. Freilandschaften, das sind beträchtliche, mit Gras und Busch bewachsene Lücken im Waldgebiete. Ihre Mittelpunkte waren Plauen im Dobnagau, (Dobnagauwar ein mittelalterlicher Gau im Vogtland) Schleiz im Wisentgau und Hof im Regnitzgau.Von den zusammenhängenden Siedlungsgebieten schoben sich einzelne Siedlungen in den Flußtälern und an den älteren Wegen in den Grenzwald hinein , an der Elster z.b. bis Würschnitz und Leubetha. Südöstlich vom Regnitzgau lag das Egerland mit den Grenzorten Adorf, Asch, Selb, Kirchenlamitz,Weißenstadt, Bischofsgrün und Wunsiedel.

Wenn wir die von den Slawen besetzten Orte im Dobnagau Plauen, Greiz, Zobes, Zwickau, Theuma, Oelsnitz, Planschwitz, Zöbern, Krebes – an der Hand der bisher geschilderten Funde prüfen, so finden wir, das es meist schon in der jüngeren Steinzeit und noch mehr in der Bronzezeit besiedelte und bearbeitete Landschaftsteile sind. Da obere Vogtland mit seinen engen Waldtälern haben die Slawen bewusst gemieden; nur unter äußeren Zwang gingen sie hier und da an die Rodung des Waldes. Es liegt nahe, das die Slawen den Pass von Asch nach Bad Elster unter besonderer Aufsicht durch die Wachposten auf dem Rubisch Berg hielten; er erhebt sich an der Stelle, wo die von Asch kommende ? In die Elster mündet; dort sind vermutlich auch die Freien und die Dorfhäuptlinge unter ihren Supan, dem Richter mehrerer Dorfschaften, zu Beratungen zusammengekommen, in Zeiten der Gefahr fanden hier die Frauen und Kinder samt dem Vieh eine Fluchtstätte. Die Sorbische Siedlung erfolgte in einzelnen Etappen, so das man danach als älteste Siedlungsgruppe die Sippendörfer mit der Endung (itz) ansprechen kann; bei stärkerer Zuwanderung schuf man teilweise durch Rodung neue Siedlungen die Besitzdörfer, in denen man den Personennamen des slawischen Gutsherrn mit der Endung ou (au) und in (en) wieder erkennt; wie in Civic-ou (Zwickau). Deutscher Einfluss macht sich schon in den Aufbaudörfern bemerkbar: Flurnamen und andere Namen werden mit ici, ow verbunden, wie in Görnitz von gora der Berg, altsorbisch Gorica.

Die Slawen wohnten in einstöckigen Blockhäusern mit einem Laubenvorbau; das steile Strohdach hatte in der Mitte eine Öffnung für den Abzug des Rauches, in der Mitte des Raumes befand sich die Herdstelle, an der Seite ein Tisch mit den Wandbänken. In der Scheune brachten sie die Erntevorräte unter und in einem Schuppen die Geräte. Zum Ackern benutzte man den hölzernen Pflug. Als Feldfrüchte baute man Weizen, Gerste und Hirse, auch Buchweizen, Senf und Mohn. Honig diente zur Bereitung des Met, Wachs brauchte man für die Beleuchtung.

Von der Donau her führten die alten Handelswege durch Böhmen oder die Oberpfalz nach der Elster, der Pass von Ulitz (ulu= Bienenstock) war die wichtigste Verbindungsstrasse vom Regnitzgau nach Oelsnitz (olsa= die Erle) und über Theuma nach Zwickau. Aus dem Egerlande gelangte man über den Pass von Asch nach Adorf, noch mehr benutzte man den „böhmischen Weg“ vom Egertal am Schönbach aufwärts über Markneukirchen im Schwarzbachtal und über Schöneck ins Göltschtal.

In Straßberg wurden 1377 beim Bau der Egerer Linie mehrere Slawengräber angeschnitten, man fand bei den Skeleten einige Bronzene Schläfenringe und braune Tonperlen.

Unter Karl des Großen kommt die Westwärtsbewegung der Slawen an der Saale zum Stillstand.

ostfränkischen Reiches vom 8. bis 10. Jahrhundert an der Elbe lebende Slawen bezeichnet. Der von ihnen bewohnte Landstrich hieß Daleminzien) in Böhmen einfällt, durch unsere Heimat. Ein Jahr darauf greift Karls Sohn das Land erneut an, der Sorbenfürst Miliduoch findet den Tod, nun unterwerfen sich die anderen Slawenfürsten und werden den Franken tributpflichtig.

Das Endergebnis dieses Kampfes war die Errichtung der Sorbischen Mark unter Ludwig den Frommen. Die Südteile der Mark bildeten die Landstraßen von Hoh (Regnitzland) und das Egerland, das vom Kaiser dem Markgrafen von Vohburg als Fahnen oder Bannerlehen übergeben wurde, dieses Geschlecht der Vohburger oder Diepoldinger stammte aus Cahm bei Regensburg. Ihre ritterlichen Vasallen förderten die Besiedlung durch die deutschen Bauern. Zahlreiche Adlige wurden mit Land beliehen, dafür übernahmen sie die Verpflichtung, jederzeit ihrem Lehnsherren, dem Markgrafen, Heeresfolge zu leisten.Das waren die milities agrarii, denen sich das heimische Rittertum bildete, alle diese Geschlechter der Zedtwitz, Feilitzsch, Reitzenstein, Nothaft, die wir zum Teil noch heute im Besitz zahlreicher Rittergüter finden. Nach Militärischer Eroberung und Bezwingung des Landes beginnt um 1150 unter den Staufenkaisern die eigentliche Besiedlung des oberen Vogtlandes durch deutsche Bauern, ein bedeutsamer Vorgang für unsere Heimat und eine Großtat in der Geschichte des deutschen Volkes.

Die bayrische Abkunft des südvogtländischen Volkstums bezeugen zur genüge die Orts und Flurnamen, die grün, reuth, markt, rain, die leithen, brunn, loh, ferner die Vor und Familiennamen der Rittergeschlechter und endlich die mundartliche Muttersprache, die noch heute ihre Verwandtschaft mit dem Oberpfälzischen und Oberbayrischen nicht verleugnen kann.

Im Egerland, wo schon in der Bronzezeit weite Flächen angebaut waren, ging die Besiedlung leichter und rascher vorwärts als in dem Waldland nördlich des Kapellenberges, schon ums Jahr 1061 erscheint Eger, es wird Sitz eines Burghofes, wo Barbarossa eine prächtige Pfalz erbauen lässt, Barbarossa heiratete 1149 Adele, die Tochter des Markgrafen Diepold von Vohburg, damit kam das Egerland an die Staufen. Im Jahre 1132 erstand das Kloster Waldsassen an der Wonreb.

Im Jahre 1154 erscheint als erster Ort Brambach (Brantpuch), 1185 wird Schönbach erwähnt, 1185 folgt Rohrbach, 1261 Schönberg, 1274 Markneukirchen. 1290 Adorf nebst Mühlhausen, 1303 Erlbach, 1319 Landwüst, 1335 Bad Elster, 1356 Siebenbrunn, 1378 Hermsgrün bei Adorf, Breitenfeld, Wohlhausen, Raun, 1405 Wohlbach, 1418 Gunzen, 1442 Röthenbach bei Brambach, 1474 Hohendorf. Fast alle diese Orte stellen sich nach E. Wild, Geschichte von Markneukirchen, auf der Flurkarte als Waldhufendörfer dar, und diese Siedlungsform erscheint als die klarste Aufteilung des Grundbesitzes.

Manches neugegründete Dorf wurde wieder verlassen, es wurde zurWüstung, sie es dauernd oder zeitweilig, wie Landwüst, Ameslohe bei Adorf, Bernitzgrün bei Breitenfeld, Birkicht bei Tiefenbrunn, Eubabrunn (Brunnen bei den Eiben) bei unter Erlbach, Gölnitz bei Oelsnitz, Groben (bedeutet Graben) bei Gräben, Tiefenbrunn, Gürth und Kleedorf bei Brambach, Haselbrunn bei Schöneck und bei Posseck, Schönfeld (altes Schloß) bei Adorf, Schönlind und Wernitzgrün bei Markneukirchen.

Bei der Rodung nahm man sich nicht immer die Zeit wie heute, die Bäume zu fällen und dann die Wurzelstöcke sorgfältig auszugraben, das Holz war damals fast ohne Wert. Was man nicht als Bauholz brauchte, wurde ein Raub des Feuers.

War vom Egerland aus die Gegend von Brambach, Adorf und Markneukirchen besiedelt worden, so herschte auch im weiteren Verlauf der Entwicklung enge verwandschaftliche Beziehungen zwischen den obervogtländischen und egerländischen Bürger und Bauernfamilien.

Schlußbetrachtung: Viele Jahrtausende menschlicher Kulturentwicklung konnten wir in diesem kurzen Abriß der Vor und Frühgeschichte durchschreiten und überblicken .Die geschilderten Funde von Niederreuth und Franzensbad, von Hohendorf, Lohmen, Fleißen von Asch und Oelsnitz, vom Kapellenberg und vom Fichtelgebirge beweißen zur Genüge, wie das obere Vogtland in allen Abschnitten der Urgeschichte und Vorgeschichte heiß umworben war.

 

 

 Quelle: Aus dem altdeutschen übernommen von E.H. Wohlrab, E. Stübiger

"Bad Brambacher Heimatbuch" von 1931