Sage von der Stundensäule bei Landwüst

 



Nicht weit vom Dorfe Landwüst entfernt steht eine Säule, Stundenfänle genannt. Alte Leute erzählen, das unter dieser Säule ein riesiger, eiserner Kasten verborgen sei, der ganz mit Goldstücken gefüllt wäre. Diesen Schatz aber bewacht ein böser Geist. Dieser sitzt auf dem Kasten und verlässt seinen Platz nur dann, wenn das rechte Zauberwort gesprochen wird. Die Hebung des Schatzes ist mit sehr schweren Bedingungen verbunden.wer in den Besitz des Goldes kommen will, muss zunächst dieses Zauberwort kennen; dann darf er auf dem Wege zur Säule,während des Grabens und auf dem Rückwege außer der Formel kein anderes Wörtlein sprechen. Ebenso darf er sich nicht umsehen. Sobald er einer dieser Bedingungen nicht einhält, ist er dem Tode verfallen.Es ist aber nicht leicht, dauernd zu Schweigen; denn die Geisterwelt versucht alles Mögliche, um den Goldsucher zum Sprechen und Umsehen zu verführen. Bei der Arbeit hört der Schatzgräber öfter seinen Namen rufen; in den Lüften und Geästen hört er allerlei Spuk. Schon mancher Zauberkünstler hat sein heil versucht, um den Schatz zu bergen. Manchmal war die Stundensäule richtig unterwühlt. Wird aber niemals die rechte Zauberformel gesprochen wurde, so sinkt der Schatz immer tiefer in die Erde und ist immer Schwerer zu erlangen. Mit diesem Golde hat es eine eigentümliche Bewandtnis. Vor langer, langer Zeit, als noch die alte Heerstraße von Adorf über Schönlind, Landwüst nach Eger führte, kam einmal ein Reiter in der Nacht nach Landwüst gesprengt und begehrte einen Bauern als Führer. Der Mantel des Reiters bauschte ganz gewaltig auf; denn er hatte darunter einen großen Sack versteckt, der mit Goldstücken gefüllt war. Das Gold hatte er sich durch Raub und Plünderung in dem damals herrschenden Schwedenkriege angeeignet. Ein Bauer zeigte ihm den Weg. Als sie an den Ort kamen, wo die Säule stand, verbarg es der Reiter in einem Kasten und befahl dem Bauern, diesen in die Erde zu vergraben, weil Pulver und Blei darin verschlossen wären. Der Bauer tat, wie ihm geheißen. Für seine Mühe erhielt er zehn Dukaten als Lohn, für die er sich bedankte, um dann den Heimweg anzutreten.

Kaum aber hatte der Bauer der Säule den Rücken zugewendet, so kam ihm der Reiter eilig nach und erstach ihn, damit das Geheimnis von dem Kasten nicht bekannt würde.

Der Offizier wurde im nahen Walde von seinen Kameraden erwartet, mit denen er das Gold teilen sollte.

Wie er aber mit leerem Beutel ankam, hängten sie ihn am ersten Baum auf. Am nächsten Tage fand eine Schar schwedischer Reiter den gehängten Schwedenoffizier und den erstochenen Bauern. Weil dieser zehn Dukaten bei sich hatte, die er vorher nicht besessen haben konnte, so sagten die Leute, er sei ein Schatzgräber gewesen, er hat jedenfalls während der Arbeit gesprochen oder hat sich umgedreht und sei deshalb von einem Geiste getötet worden.



Quelle: Aus dem altdeutschen übernommen von E.H. Wohlrab, E. Stübiger

"Bad Brambacher Heimatbuch" von 1931

 

 

Nach der Schwedenschanze, der Rohrbacher Strasse folgend beginnt ein Wald bzw. Straßenstück das im Volksmund „Die Stundensäule“ genannt wird. Aller Wahrscheinlichkeit nach stand hier an der Poststraße eine Meilensäule mit Angaben von Orten und den Entfernungen sowie Angaben in Stunden oder Meilen.

 

 

Quelle: „Wo auf hohen Tannenspitzen“ von Paul Apitsch 1932